Während Bloodbound mit ihrem neuen Album bei mindestens 2 Online-Portalen einer durchschnittlichen Bewertung anheim gefallen sind, überlegen wir, ob "War Of Dragons" gut oder sehr gut ist. So ist das nun einmal mit der werten Meinung. Die Wahrheit wird irgendwo dazwischen liegen.
Unser Jan hat das 7. Studioalbum der Schweden zunächst durch seine feinporigen Filter gejagt. Und glaubt mir, der kleinste Anflug von Schiss-Moll würde den armen Kerl sofort alle Schotten verschließen lassen. Statt dessen brachte die Postfrau nach kurzer Zeit folgende Depesche: "Also 8 Punkte sind auf jeden Fall drin, wobei "War Of Dragons" aber (noch) nicht an die starke "Stormborn" rankommt. Das neue Werk scheint mir auch etwas dünner produced zu sein, möglicherweise liegt es auch nur am Equipment. Da hilft nur der direkte Vergleich."
Der direkte Vergleich förderte aber genau diese Vermutung zu Tage. "Stormborn" drückt fett aus dem Gehäuse, "War Of Dragons" ist eher einer klassischen Melodic Metal Produktion zuzuordnen, was ja unterm Strich nicht so schlecht ist, denn das ganze pumpende Higthend-Digital-Geballer der Neuzeit hat oftmals das Wort Seele aus seinem Wappen verbannt.
Depesche Nummer 2 trudelte wenig später ein: "Also dem Ding kannste auch locker 8.5 oder sogar 9 Talker verabreichen, da is echt alles im grünen Bereich. "War Of Dragons" braucht sich hinter den Avantasias dieser Welt nicht zu verstecken, ganz im Gegenteil ...Dragons macht Böcke.
Hmm, langsam macht er mich neugierig, der Jan. Normalweise geht er mit sehr vielen Veröffentlichungen hart ins Gericht und äußert unmissverständlich seinen Unmut, wenn ein Output auch nur die kleenste Schwäche zeigt. Es muss also irgendetwas dran sein, an dem jüngsten Langeisen der Bollnäs-Metaller um Sänger Patrik Johansson, der im Übrigen erst seit 2010 bei Bloodbound das Mikro umgarnt.
Ok, dann fang ich mal an auf hohem Niveau zu jammern. Das letzte Werk "Stormborn" hat auf metaltalks.de satte 9 Punkte eingefahren. Ein direkter Vergleich macht hier also wirklich Sinn. Natürlich wissen wir, dass sich Bloodbound auch seinerzeit schon des Vorwurfes erwehren mussten, Gott und die Welt zu kopieren. Egal, dachten wir ironischerweise, irgendeiner muss ja die guten Alben abliefern. Fest steht: das neue Material besitzt nebst einer dünneren Produktion auch nicht das Potential des Vorgängers, ohne dabei aber wirklich schlecht zusein. Geblieben sind in jedem Fall die Parallelen zu etlichen Bands. Als da wären: ihre Landsleute Sabaton, frühe Avantasia, gesanglich auch Judas Priest, die Finnen Stratovarius und - wie sollte es anders sein - Manowar. Letztere fallen hier wohl eher ihrer späteren Alben wegen in den Rahmen. Was mir aber nach wie vor Sorge bereitetet, sind die unüberhörbaren Strukturen, die vorwiegend im Sound der Sabaton-Jungs zu hören sind und dort auch ihren Ursprung hatten. Ich weiß, ich weiß - Pretty Maids hatten diese Keyboard-Sounds schon in den Achtzigern im Gepäck, aber genau hier liegt der Notenschlüssel im Pfeffer begraben. Nimmt man es genau, gibt es nur wenige Bands, die etwas wirklich Neues kreierten.
Was Bloodbound zusammenschustern, schustern sie nicht schlecht. "Einen Innovations-Preis gewinnen sie damit natürlich nicht", meinte Jan wenig später und fügte hinzu: "Das macht die Mucke aber nicht schlechter". Immerhin kann er keine offensichtlichen Plagiate in der Musik von Bloodbound ausmachen. Gerade bezüglich ihrer Kollegen von Sabaton würde ich das zwar nicht unterschreiben, doch Jan bemerkte abschließend: "Die Jungs sind halt in ihrem stilistischen Rahmen gefangen" Fazit: Wer soliden Power Metal mag, der sich auf den Spuren der zuvor genannten Bands bewegt, kann hier bedenkenlos zugreifen.
Jan & Dirk
8/10 Talkern
VÖ: 24.2.2017 - Label: AFM Records
Altamente consigliato - oder auch sehr empfehlenswert! Ich hätte nie gedacht, dass ich einmal in die Situation kommen würde, vor offiziellem Erscheinen eines Albums eine Wertung abgeben zu dürfen. Und genau diese Situation macht es doppelt so schwer. Da das Vorgängeralbum "A Mind's Chronicle" ein absoluter Oberhammer war und natürlich auch ist, sind meine Erwartungen extrem hoch gewesen. Kaum ein anderes Album in diesem Bereich des Metals stand auf meiner Wunschliste so weit oben. Das 2. Album ist in der Laufbahn einer Band nur dann das Schwerste, wenn man einen derartigen Megaknaller - wie es das Debüt von Infinita Symphonia nun einmal ist - komponiert hat.
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