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Brutz und Brakel Stromgitarrenfest 2014 - Live Review vom 21.11.2014


Tief im Herzen von Weißensee liegt ein verschlafener Club, der in regelmäßigen Abständen seinen akustischen Niedergang erfahren darf. Obwohl der H.O.F. 23 nicht das berühmteste Berliner Sound-Gemäuer ist, kann er trotzdem auf eine bewegte Geschichte zurückblicken. Seine Fundamente stammen aus der Gründerzeit und bis zum jüngsten Tag vermochte keine einzige Band die grundsolide Architektur auch nur ansatzweise zu gefährden.

Selbst Szenegrößen wie Candlemass, Destruction und Morbid Angel konnten dem Bollwerk in der Langhansstraße nichts anhaben. Die fünfte Ausgabe des Brutz und Brakel Stromgitarrenfests jedoch, hat den alten Hof in seinen Grundfesten erschüttert.

Johan Eduard Langhans, ehem. Verwalter des Weißenseer Rittergutes, würde sich im Grabe umdrehen, wenn er wüsste, wer am 21.+22. November 2014 in der heiligen Halle zum Tanz aufspielte.

Um für die 5. Edition des kultigen Events einen angemessenen Bericht abliefern zu können, okkupierten wir ein in der Nähe gelegenes Hotel, das ab Freitag Nachmittag kurzerhand zu einem Büro von metaltalks.de umfunktioniert wurde. Neben einem hochkarätigen Line Up standen wieder einmal "Betreutes Trinken" und jede Menge Spaß auf dem Programm. Dem wollten sich unser Torsten, der ehrenwerte Herr Zottel und meine Wenigkeit dieses Jahr voll und ganz hingeben und darum war an eine Heimreise nach dem ersten Tag nun wirklich nicht zu denken. Geist und Körper waren sich am Abend des 21. Novembers 2015 einig. Erst wollten wir die Heimreise nicht antreten, später konnten wir sie keinesfalls antreten. Der Geist war nicht willig und das Fleisch mehr als schwach. Oder haben wir da was verwechselt?


Here we go:  Das Zeiteisen stand auf zwanzig-null-null, als wir den Hof 23 bei klarem Verstand betraten. Kurzes Anstehen, Gesichtskontrolle und siehe da...wir waren drin, doch wo war der Prior? Ah, hat ihm die Gesichtskontrolle wieder übel mitgespielt. Irgendwann stand er neben uns, keine Ahnung wie er die Türsteher von seiner Teilnahme überzeugen konnte. Alles lief also perfekt und reibungslos! (Daran könnten sich so manch andere Veranstalter ein Scheibe abschneiden).


Der Abend war jung, die Halle noch mäßig gefüllt, als die Schweriner Vae Victis die Bretter erklommen. Sie eröffneten den Reigen mit einer Mischung aus Black und Thrash Metal, eben jener Musik, mit der sie sich seit 2001 durch den Underground klöppeln. Vor der Bühne  ließ schon mal der ein oder andere Headbanger seinen Haaren freien Lauf. Nicht einfach, diesen Abend zu eröffnen, aber so richtig kamen Vae Victis nicht in Fahrt. Ein Blick in die Runde machte unmissverständlich klar, hier muss in Zukunft einiges passieren. Das anwesende Volk guckte unmotiviert ins Panorama und fühlte sich zu diesem Zeitpunkt keinesfalls unterhalten. Spätere Gespräche bestätigten unseren Eindruck. Carry on, Vae Victis!

Das Besondere am Stromgitarrenfest sind im Übrigen die Umbaupausen. Kaum hat sich ein Act verabschiedet, entsteht innerhalb kürzester ein geschäftiges Treiben auf der Bühne. Leute, oder besser gesagt, ganze Rudel von Menschen, die eben noch neben dir gestanden haben, wuseln auf einmal auf der Bühne herum. Das hat sich auch 2014 nicht geändert und so enterten nach kleiner Umbaupause - die seit 2009 bestehenden und aus der Universitätsstadt Jena stammenden - Rogash die Empore. Death Metal stand auf dem Programm, Death Metal der alten Schule, der so brachial und solide vorgetragen, zustimmendes Nicken der Anwesenden erzeugte. Die Growls des Vokalakrobaten Eric waren sehr markant und boten dem wütenden Sound der Saitenfraktion und des Fellverdreschers massiv die Stirn. Vor der Bühne wurde es langsam voller und irgendwie spürte man eine klare Steigerung zum Opener. Die Thüringer verkauften sich standesgemäß und hinterließen an diesem Abend einen bleibenden Eindruck.

Bevor es in Runde 3 geht, muss unser Zottel - noch völlig ergriffen und zu Tränen gerührt - lobende Worte an den Mann bzw. die Frau bringen. Nun hört doch: "Beim Stromgitarrenfest sind immer wieder die Getränke- sowie die Merchandising Preise lobend zu erwähnen. Die Freundlichkeit der Mitarbeiter vor und hinter dem Tresen ist ebenfalls der Rede wert. Auch allen anderen, die daran arbeiteten, dass der Gast sich wohlfühlte, muss man mal ein fettes Danke sagen!" (Hey Zottel, das nennt man betreutes Trinken und wahrscheinlich hast du keine Bekanntschaft mit der Tempelwächterin gemacht. Anm. Red.)


Mit zunehmender Stunde wurde es voller im H.O.F.23. Als dritter Act des ersten Abends zeigten uns Sabiendas, wie in Recklinghausen Death Metal performed wird. Sie schlugen in die gleiche Kerbe wie Ihre Vorgänger Rogash. Vor der Bühne wurden die Räume zusehends enger, Temperatur-technisch ging's nach oben, das Volk kam in Wallung und offensichtlich auch die Akteure auf der Bühne. Wenn's vor der Stage brummt, ist die Welt in Ordnung. Sabiendas verstanden ihr tödliches Handwerk ganz vorzüglich. Der Mob nahm die Show der Ruhrpott-Deather wohlwollend auf und honorierte die Leistung mit ersten "Fistraisern" sowie massiver Nackengymnastik. Da beim Stromgitarrenfest eine ordentliche Anzahl Bands über die Bühne geschoben wird, sind die Auftritte der Protagonisten relativ kurz, aber eben sehr intensiv. Sabiendas legten die Messlatte für diesen Abend schon einmal auf Kampfhöhe und hinterließen nicht nur bei uns einen guten Eindruck!

Als vorletzte Band des ersten Tages sollten Witchburner aus Fulda die anwesenden Maniac's zurechtmachen. Yeahh, Gitarrenwände ohne Ende, Ufta-Rhythmik und Präzisions-Gepolter! Thrash Metal der feinsten Sorte eben. Witchburner sind bereits seit 1992 aktiv. Das Personal-Karussell rotierte jedoch ausgiebig und so ist lediglich Simon Seegel (Gitarre), der 1996 zur Band stieß, vom alten Schlage. Egal, Witchburner spielten präzise auf den Punkt, als wenn der Fünfer seit über 20 Jahren nichts anderes tat und bliesen dem Hof 23 einen sehr, sehr frischen und messerscharfen Thrash Metal-Wind in die Larve. Sie überzeugten mit Ihrem Set auf ganzer Linie und schauten nach ihrem Auftritt ausschließlich in zufriedene Gesichter!

Langsam wurde es Zeit für den Headliner des Abends. Dem Publikum merkte man nicht nur die Vorfreude an, nein - das betreute Trinken hatte bereits sichtbare Spuren hinterlassen. Die Growd fühlte sich verdammt wohl und so hatten Manos aus Querfurt, die seit den Achtzigern im Geschäft sind, ein leichtes Spiel. Es ist unglaublich, was sich bei diesem Gig vor und auf der Bühne abspielte! Allein dieses abartige Outfit, das sich Eule wieder einmal  angeholfen hatte, war jede Minute wert, die der Bassist mit Vogelkäfig auf dem Rücken und Storch auf dem 4-Saiter über die Bühne klamaukte. Nicht zu fassen. Manos marodierten den Laden nach allen Regeln der Kunst. Ein Fan durfte auf dem Sessel vor dem Drumkit Platz nehmen und sich die Show von oben ansehen. (auch nicht schlecht). Nach einiger Spielzeit wechselte der Sessel oftmals seinen Reiter und es ging auf der Bühne drunter und drüber. Der Pöbel waren völlig aus dem Häuschen und vor sowie auf der Empore gab es kein Halten mehr. Stagediving bis zum Abwinken und sogar eine versch(l)issene Rutsche fand den Weg auf die Bühne. Die Menge ließ sich nicht lange bitte und polierte die Kinderrampe spiegelblank. Manos' einzigartige Mischung aus Grindcore, Punk, Death Metal und einer kräftigen Portion Comedy funktionierte live hervorragend und sie kellnerten auch ein Körnchen Wahrheit mit: Nehmt nicht immer alles so ernst und genießt das Leben. Ein würdiger Abschluss für den ersten Tag!