Stromgitarrenfest - Review 22.11.2014 - Primordial, Attic, Portrait, Bölzer, Prowler, Hellfist


Wer will's leugnen, Tag zwei des Stromgitarrenfests 2014 lockte mit einer hochkarätigen Besetzung und so verwunderte es niemanden, das der H.O.F.23 bis auf die letzte Nische gefüllt war. Der Veranstalter meldete "Sold Out" und somit war das erste Mal in der Geschichte des Brutz & Brakel Stromgitarrenfests die Hütte sprichwörtlich dicht bis unters Dach.

Aber nicht nur das Line-Up sorgte für ein volles Haus, vielmehr kann sich das Fest auf wachsende Beliebtheit stützen, was wiederum der Organisation und der gemütlichen Atmosphäre geschuldet ist. Insider werden es schon wissen, auch 2015 gibt's ein Fest der gestromten Gitarren und zwar am 20. und 21. November.

Wie in jedem Jahr ist Tag 2 eine Herausforderung der ganz besonderen Art. Wer den ersten Tag überlebte, der kroch entweder reumütig nach Hause oder aber schleppte sich mit letzter Kraft in die Langhansstraße, um mit all den anderen Kriegern ein Klagelied anzustimmen. Im Fokus standen auch 2014 Kopfschmerzen und Unwohlsein. Betreuung wurde versprochen und so kam es, dass die fleißigen Schwestern und Herren Pfleger für die Genesung ein Glas Bier empfahlen! Das ließen wir uns nicht zweimal sagen und so begann, was ein paar Stunden zuvor in aller Frühe leidvoll endete.

Hellfist hatten die undankbare Aufgabe, das Klagelied leidender Bier-Krieger jäh zu unterbrechen. Mit einer Setlist, bestehend aus sechs Tracks, stellten sich die Berliner Thrasher dem allgemeinen "mal sehen wie die Vorband so ist" entgegen. Und siehe da, das konnte sich doch schon mal hören lassen. Insbesondere die Gitarrenfraktion hat uns das ein oder andere Freudestrahlen abgerungen. Showtechnisch muss noch einiges passieren, denn was die Augen ans Hirn meldeten, passte nicht zum Klangerlebnis. Auch wenn's schwer fällt, wer als Frau schreit und grunzt wie ein Berserker, der sollte sich verdammt noch mal auch wie einer bewegen. Uns erinnerte die Show der Frontdame eher an die Konfirmation unserer Nichten, da es aber auf die Musik ankommt und eben diese überzeugen konnte, gibt's für Hellfist 3x ja aus dem Hause metaltalks.de!

Mit PROWLER ging's in die zweite Runde! Ein krasser Gegensatz zum Opener war die Show der lustigen Vögel aus Leipzig. Völlig abgezockt und routiniert legten die Metaller aus dem Freistaat Sachsen einen Gig hin, der allen Regeln der Kunst folgte und absolut professionell wirkte. Das ließ uns für einige Zeit sogar die Zurschaustellung primärer Geschlechtsmerkmale vergessen. Pfui Teufel! Jungs, könnt ihr euch nicht ein paar vernünftige Jeanshosen anziehen? Wenn wir uns Glocken ansehen wollen, dann schauen wir lieber ins Gebälk einer alten Kirche. Wie dem auch sei, der Optik entsprechend versetzen Prowler den H.O.F.23 spielend leicht in die 80er Jahre und hinterließen zufriedene Mienen, nicht nur bei den Frauen. Eine Lektion in Sachen Heavy Metal!

BÖLZER sorgten gleich für den nächsten Gegensatz des Abends. Prowler & Bölzer standen an diesem Abend sinnbildlich für gut und böse. Wir beschreiben mal unseren Eindruck vom Auftritt des Duos und dabei interessiert uns weder Kult, Vorschusslorbeeren oder ähnlicher Kram. Bölzer bauten auf, checkten den Sound, irgendwann wurde rumgemosert, böse Mienen in Richtung Crowd, der Soundcheck ging nahtlos in den Gig über, ein infernalisches Gewitter brach los...und Schluss!!! Bölzer packten zusammen und verschwanden wortlos. Keine Interaktion mit der Menge, kein Hallo, kein Winke-Winke, nichts. Was war bitte das? Gab es Probleme? Können die Fans etwas dafür? Keine Ahnung, aber wir sind noch heute sprachlos. Ohne Wertung!

Halbzeit! Es folgten Attic, die leider ein Jahr zuvor absagen mussten. Um so größer die Freude darüber, dass es 2014 endlich geklappt hat. Während ein Großteil der Anwesenden noch immer betreten vom Auftritt des Bölzer-Duos dreinschauten, wurde die Bühne langsam aber sicher zu einem Friedhof der Superlative umgebaut. Attic wandeln - ähnlich wie die darauffolgenden Portrait - auf den Spuren des Königs der Dunkelheit, nämlich King Diamond. Beide Bands spielten direkt hintereinander und zelebrierten einen Messe, die dem King höchst persönlich die Freudentränen ins Antlitz getrieben hätten. Vielleicht ist die Musik nicht jedermanns Sache, aber eines steht unwiderruflich in den Stein eines Grabes gemeißelt: Attic und Portrait sind mit ganzem Herzen dabei - auch wenn es schwarz ist - und reproduzieren den Sound von King Diamond und Mercyful Fate auf höchstem Niveau. Billige Kopien? Nein, diesen Vorwurf brauchen sich Attic und Portrait nicht machen zu lassen. Es ist wohl eher die höchste Form der Huldigung zweier Bands, die in Gestalt von Mercyful Fate und King Diamond Anfang der achtziger Jahre ein ganzes Genre tiefgreifend beeinflussten. Attic nehmen den kultigeren Part ein und wirken eine ganze Ecke düsterer als ihre Kollegen aus Schweden. Auch wenn mir die Originale wesentlich lieber sind, haben mich Attic und Portrait an diesem Abend vollends überzeugt. Unser Torsten hält seit geraumer Zeit große Stücke die Bands und wo er Recht hat, hat er eben Recht. Großes Kino auf den Pfaden des Kings!

Wer nun dachte, der Spuk sei vorüber, der wurde durch Primordial eines Besseren belehrt. Unglaublich, mit welch einer Intensität Primordial die anwesenden Seelen noch einmal herausforderten. Es war fast schon beängstigend, wie Alan Averill mit seiner Ausstrahlung die Menge in seinen Bann zog. Die Crowd folgte ihm willenlos und  las jedes Wort von seinen Lippen ab. Wenn dem nicht so war, sei uns verziehen, jedoch bekam man im Verlaufe der Show das Gefühl, dass die Menge völlig besessen dem Geschehen auf der Stage folgte. Hier jedes Detail auseinanderzuklamüsern, würde unsere Eindrücke und das Erlebte nicht unterstreichen. Nur die pure Anwesenheit, das Dabeisein und die Erinnerungen können wirklich wiedergeben, was sich an diesem Abend ereignet hat. Grund Gütiger, war das einzigartig. Die darauffolgende Aftershow-Band Pussy Mouskouri machte ihr Sache zwar gut, wirkte aber fast schon deplatziert, bedenkt man, dass Primordial mit ihrer Musik das Volk betörten, während sich die Luft langsam aber sicher schwarz färbte und jeder Atemzug des Frontmanns mit bitterböser Gestik und ausgebreiteten Armen seitens der Crowd erwidert wurde.

Wir kommen wieder, sofern es uns möglich ist. Bis zum nächsten Fest am 20. und 21. November 2015. Stay heavy!