Nachdem wir diesen Live-Bericht veröffentlichten, hagelte es seitens einiger Leser heftige Kritik. Sicher, unser Worte waren vielleicht nicht die Glücklichsten und mit dem Wissen, dass Lemmy heute nicht mehr unter uns weilt, wirken die Buchstaben gleich noch ein bisschen härter. Aber sind wir mal ehrlich, die Tatsachen waren an besagtem Abend nicht zu übersehen und wir zählen uns nicht zu denen, die vor lauter Kult ehrfürchtig aufsagen, was alle hören wollen. Lemmy selbst war ein aufrichtiger Mensch, der mit der Wahrheit besser umgehen konnte, als es manchen Leuten recht war und er hasste Arschkriecher und Menschen, die ihm zu Munde sprachen. Dieser Live-Bericht ist ehrlich und schildert unsere Eindrücke des 11.12.2015 in der Berliner Max-Schmeling-Halle.
Normalerweise sollte an dieser Stelle der Name Girlschool auftauchen - ist er ja jetzt auch, doch offensichtlich haben es die Damen rein organisatorisch nicht geschafft, die sogenannte Nachhole-Show wahrzunehmen. Ursprünglich sollte die Halle am 27.11.2015 beben, nur hatte in diesem Jahr die Gesundheit von Phil Campbell dem Vorhaben einen Strich durch die Rechnung gemacht. Echt schade für die Mädels, denn vor so einem gigantischen Publikum werden sie so schnell nicht wieder spielen können.
Ganz anders hingegen sah es da bei den UK-Kult-Metallern von Saxon aus, die mit einer absolut gefälligen Show diesen Abend in der Berliner Max-Schmeling-Halle nutzen, um zu zeigen, dass sie es noch immer auf dem Kasten haben. Hinter der Schießbude hatte wieder einmal Ibn Udo Dirkschneider, oder anders formuliert, der Sohn von Udo Dirkschneider alias Sven Dirkscheider platzgenommen, der die Saxon-Maschine auch schon für die letzten Termine der England-Shows auf Touren brachte. Beim Track "747" saß dann kein Geringerer als Mickey Dee hinter den Kesseln, vermutlich spielte er sich schon einmal warm. Definitiv eine gute Showeinlage. Unserem Torsten hat die Show der Sachsen jedenfalls sehr gefallen und glaubt mir, er hat Biff Byford und seine Mannen nicht das erste Mal gesehen. Wollen wir ihm also Glauben schenken.
Motörhead, oh man! Legende ohne Fehl und Tadel? Als "Bomber" aus den Boxen brach, war die Welt tausender Fans in Ordnung. Weg, die Erinnerungen an das letzte Jahr, in jenem Motörhead aufgrund des Gesundheitszustandes des ehrenwerten Herrn Lemmy gar nicht erst antraten. Weg, die Enttäuschung, die abertausenden Fans ins Gesicht geschrieben stand, als kurz vor dem Konzert - das für den 27.11.2015 angesetzt war, eine erneute Absage kam. Diesmal machte Phil Campbell schlapp, doch gottseidank, er rappelte sich auf und so konnte der Bomber tatsächlich noch in diesem Jahr das Bühnenbild der Max-Schmeling-Halle zieren.
Eingeleitet, wie eben schon erwähnt, wurde der Gig von Motörhead mit dem legendären Song "Bomber"! Track, Bühnenbild und der Umstand, dass es vielleicht dass letzte Mal gewesen sei, trieb uns eine megafette Gänsepelle auf den Buckel. Unser Panorama - und damit der Blick auf die Bühne - trübte sich, als die Tränendrüsen etwas Pipi vor die Linse schoben. Gottseidank hatte die Kamera keine Seele, sonnst wären die Fotos aus 100m Entfernung wohl gänzlich unscharf geworden.
Doch bei allem Respekt vor dem Willen dieser unbeugsamen Legende des Rock 'n' Roll, Lemmy ist definitiv an seine Grenzen geraten und machte überhaupt gar keine gute Figur. Wir hatten das Gefühl, auf der Bühne stehe ein alter, gebrechlicher Mann, der - auch aus Respekt vor seinen eigenen Fans - endlich der Bühne den Rücken kehren sollte. Einfach loslassen von einem Musikerdasein auf der Überholspur, das ihn seit über 40 Jahren zeichnete. Klar, wir wissen schon, dass er es nie und nimmer zulassen würde, doch man sollte wirklich aufhören, wenn es am schönsten ist, nur dafür ist es bereits schon lange zu spät. Wir haben durchaus Respekt vor diesem Haudegen, aber stimmlich kam leider überhaupt gar nix mehr. Bei "Metropolis" - dritter Track an diesem Abend - blieb der Gesang fast gänzlich weg. Lemmy sang einfach nicht mehr. Alle anderen Songs waren rein gesangstechnisch kaum zu hören....es kam definitiv nichts mehr an. Oh man - war echt traurig. Er wollte alles geben, mobilisierte alle Kräfte, doch am Ende kam für Motörhead-Verhältnisse nur heiße Luft heraus. Und wenn wir uns ständig wiederholen, Respekt haben wir allemal, aber es muss irgendwann Schluss sein! 'N bisschen feuchte Augen hatten wir schon. Ach Mensch, wahrscheinlich flog der Bomber das letzte Mal. Wie ihr seht, auch wir möchten eigentlich nicht wirklich, dass es aufhört. Schauen wir mal, vielleicht gibt es ja noch ein Wunder.
Der ebenfalls angeschlagene Phil war entgegengesetzt allen Erwartungen sehr gut drauf und tigerte äußerst agil über die Stage der Max-Schmeling-Halle. Mikkey Dee, wie immer der Agilste und unaufhaltsamer Taktgeber, hielt die Zügel des lahmenden Schlachtrosses Motörhead straff und brachte das Pferd sicher nach Hause. Lemmy verabschiedete sich von seinen Fans und schlich gaanz laaangsam, in leicht gebeugter Haltung von der Bühne. Der Schnitter des Rock 'n' Roll klebte unserem Meister dicht an den Fersen. Wenn Lemmy nicht von selbst aufhört, wird er irgendwann auf der Stage den Heldentot sterben, statt eine überzeugende Show abzuliefern. Wir können uns einfach nicht vorstellen, dass Lemmy das noch einmal schafft und mit einem grandiosen Auftritt im kommenden Jahr zurückkehrt. Wir wünschen es ihm von ganzem Herzen, und zollen ihm - auch zum fünften Mal - unseren größten Respekt. Gottvater des Rock 'n' Roll, wie lange willst Du noch rocken?
Dirk
Nachtrag: Momentan steht die Presse Kopf und die Zahl derer, die Sonderberichte und Huldigungen im Minutentakt veröffentlichen, steigt stetig ins Unermessliche! Sogar große führende Tageszeitungen haben nach dem Tod von Lemmy auf einmal viel Platz für eine Band, der sie vor Jahren noch nichts abgewinnen konnten. Ganz im Gegenteil, denn die "großen Medien" ließen in Vergangenheit keine Gelegenheit aus, um der ach so bösen Rockmusik Steine in den Weg zu legen. Und siehe da, auf einmal geht es, Hauptsache, die Werbekassen werden vollgespült! Schämt euch - euch extra kleingeschrieben! Was interessieren euch auf einmal Motörhead? Was? Wo wart ihr, als Motörhead Anfang der Neunziger kleine Hallen rockten? Wo? Tageszeitungen präsentiert "Bad Magic"? Schreibmaschinen-Pinguine präsentieren Bad Magic? Ja? Ihr habt überhaupt gar nix zu präsentieren, zumindest nicht Motörhead. Schämt euch!
Dirk
Legenden, Helden, Vorbilder. Schon Genrationen vor uns feierten die "gefährlichste" Band der Welt. Mit ihren Skandalen, Drogen & Alkoholkonsumen machten GUNS' N ROSES nicht nur Schlagzeilen, sie wurden durch ihre Musik zu einer Art aggressivem Kult der 80er und 90er Jahre. Wer in dieser Zeit aufgewachsen ist, die Band vllt. das ein oder andere Mal live sah, weiß sicherlich, wovon ich spreche.
Weiterlesen ...Feldbrand Festival? Sicherlich ein Erntedankfest, das wie so viele Events im Herbst dem huldigt, was der Mensch Mutter Erde mühevoll abgerungen hat, um es zu vergären, zu brennen und zu verehren. Nicht schlecht, dachte ich und machte mich auf ins malerische Willmersdorf nahe der Stadt Bernau, die schon im Mittelalter über die Grenzen hinaus für ihre Braukunst bekannt war.
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