Dass Wacken 3D ein großartiger Film ist, daran gibt es nichts mehr zu deuteln. Aber was und vor allem wer verbirgt sich hinter diesem Projekt? Ist es eine groß angelegte Kampagne der Wacken-Gründer? Steckt die Filmindustrie dahinter? Haben Norbert Heitker und sein Team jemals Kontakt zum - sagen wir mal - Metal gehabt? Welche Probleme sind während des Drehs in Wacken aufgetaucht?
Diese Fragen und einige mehr, haben wir in einem Face2Face-Interview an Norbert Heitker gerichtet, dem Regisseur von Wacken 3D - Der Film. Norbert erwies sich als ein überaus sympathischer Zeitgenosse, der oftmals mehrere Fragen gleichzeitig beantwortete, obwohl wir sie noch gar nicht gestellt hatten.
Uns ist wohl bewusst, dass wir unsere Fragen aus einem anderen Blickwinkel stellen als die etablierte Tagespresse. Zu groß ist die Neugier, ob Norbert Heitker schon vor dem Dreh Kontakt zur Metal-Szene bzw. der Musik hatte. Tomas Erhart, Produzent und Visionär, brachte 2011 den Stein ins Rollen. Mit seiner Vorstellung, durch Dreidimensionalität, die Distanz zwischen Künstler auf der Bühne und dem Zuschauer aufzuheben, reifte in ihm der Wunsch, Wacken 3D visuelle Realität werden zu lassen. In Norbert Heitker fand er den geeigneten Regisseur, der mit seiner Erfahrung den rollenden Stein auf Kurs brachte. Hier nun das Interview:
metaltalks.de: Wir fallen gleich mit der Tür ins Haus. Seid ihr mit eurer Idee, einen 3D Film des Wacken Open Airs zu drehen, auf offenen Ohren gestoßen und wurdet mit weit ausgebreiteten Armen empfangen?
Norbert Heitker: Nein. Es waren zwar alle sehr interessiert, aber bevor es überhaupt dazu kam, mussten wir schon reichlich Überzeugungsarbeit leisten. Wir sind auf die Wacken-Leute zugegangen und nicht umgekehrt.
metaltalks.de: Also war der Start sehr schwierig. Hattet ihr bzw. hast Du vorher schon einmal Kontakt mit Heavy Metal gehabt?
Norbert Heitker: Ich mag harte Musik, dabei kommt es mir nicht unbedingt darauf an, dass es Heavy Metal ist. Die Gitarren müssen ein volles Brett sein, das ist mir wichtig. Es kommt auf die Musik an, nicht auf die Definition. Ich bin schon lange im Bereich der Musikvideo-Produktion unterwegs, jedoch gibt es im Vergleich zu anderen Szenen relativ wenig Bands, die Musikvideos drehen. Daher war aus beruflicher Hinsicht ehr wenig Kontakt zur Metal-Szene, obwohl ich privat ein großer Motörhead-Fan bin. Man sagt mir nach, dass man das dem Film auch anmerkt. Apropos Heavy Metal, Lemmy und Mikkey würden diesen Begriff so nie in den Mund nehmen, denn auch ihnen ist die Musik wichtiger als ein Begriff.
metaltalks.de: Da Du es gerade ansprichst, habt ihr den Begriff Heavy Metal bewusst nicht so sehr thematisiert oder ist es purer Zufall gewesen?
Norbert Heitker: Tja, wenn man die Metal-Szene detailliert beleuchten möchte, dann muss man natürlich gut vorbereitet sein. Hier eine wegweisende Aussage zu treffen, ist immer mit dem Risiko verbunden, dass es jemand besser weiß. Das draußen gibt es eine Menge Leute, die es wirklich drauf haben. Wenn man damit erst anfängt, bricht man eine Lawine los, von der man ggf. selbst überrollt wird. Wir haben uns bewusst auf das Open Air und seine Besucher konzentriert. Schau dir nur Jeff Waters von Annihilator an. Er ist so glücklich, wenn er über die Musik sowie die Fans spricht, dass allein damit eine Menge gesagt ist bzw. wurde.
metaltalks.de: Das Wacken Open Air ist ein riesiges Festival geworden. Vielen Fans der ersten Stunde ist das W:O:A einfach zu groß geworden und daher fahren sie nicht mehr hin. Wie würdest du diese Menschen davon überzeugen, sich diesen 3D-Film anzusehen?
Norbert Heitker: Es kommt auf die Sache an. Wacken begeistert viele Menschen aus unzähligen Nationen. Alle sind glücklich, egal welche Stile der Musik sie hören, wo sie herkommen, wie sie aussehen und welchen gesellschaftliche Stellung sie einnehmen. Sie haben zusammen eine große Zeit und akzeptieren einander. Wenn man das auf die Gesellschaft projizieren könnte, dann wären wir alle ein Stück weiter. Wacken schafft das, was wir im normalen Leben nicht hinbekommen. Der Film transportiert auch diese Botschaft und darum sollte man sich Wacken 3D durchaus ansehen.
metaltalks.de: Oh, das war aber ein schöner Gedanke. Musstet ihr Szenen während des Drehs nachstellen bzw. wiederholen?
Norbert Heitker: Nein, es ist alles authentisch, lediglich ein paar Probleme bezüglich der Winkeleinstellungen mussten wir aktiv beeinflussen. Wir haben die Leute freundlich gebeten, etwas zur Seite zu gehen, was aber nie zu Problemen führte.
Foto: filmpresskit.de
metaltalks.de: Hattet ihr auf dem rustikalen Gelände Schwierigkeiten mit der Technik?
Norbert Heitker: 3D Kameras sind sehr empfindlich und logischerweise vor Dreck und Nässe zu schützen. Das ist schon eine Herausforderung, wenn man bedenkt, wie es auf dem Festival zugeht. Eine 3D-Kamera besteht im Prinzip aus 2 Kameras, die alle Bilder absolut gleichzeitig aufnehmen müssen. Die eine Kamera tut das direkt, während die Zweite über einen Spiegel umgelenkt wird. Dieses System verzeiht keine Fehler und erfordert bei der Aufnahme absolute Konzentration.
metaltalks.de: Das war eine sehr schöne Erklärung, auch für uns Laien. Welche Band hat Dir eigentlich am besten gefallen?
Norbert Heitker: Naja, das ist so eine Sache. Lassen wir Rammstein mal außen vor, denn ihre Show ist Gigantomanie und Gänsehaut pur. Ragnarok haben es mir angetan, denn sie sind unglaublich authentisch und verkörpern einfach all das, was man mit dieser Musik verbindet. Anvil ebenso, schaust du in die glücklichen Augen des Sängers, dann weißt du einfach, dass dieser Mann für seine Musik lebt. Ich muss immer wieder schmunzeln, wenn ich die Szenen mit Lips während des Films sehe. Es war sehr interessant, Anvil und Nine Treasures (China) während der Aufnahmen zusammen zu bringen. Wahnsinnige Erfahrungen mit allen Höhen und Tiefen, trafen hier auf eine sehr talentierte Nachwuchsband aus China. Ohne Worte, das muss man gesehen haben, um es eben in Worte zu fassen. Machine Head, ja Robb Flynn und seine Jungs waren auch großartig. Unglaublich, was Machine Head aus ihren Gitarren rausholen. Das ist wirklich das volle Brett.
metaltalks.de: Würdet ihr so ein Projekt noch einmal starten?
Norbert Heitker etwas zögerlich: Ein Projekt oder besser gesagt einen Film wie Wacken 3D kann man kein 2. Mal drehen. Es gibt kein vergleichbares Festival für harte Musik mit einem derartigen Spirit oder mit dieser Größe. Wacken ist einzigartig und selbst wenn man wollte, man kann es nicht wiederholen.
metaltalks.de: Super Schlusswort, danke für das Interview!
Norbert Heitker: Ich danke ebenfalls.