1985 gegründet, grandiose & wegweisende Alben veröffentlicht, 1997 von der Bildfläche verschwunden, 2007 auferstanden, wieder 2 grandiose Alben veröffentlich und mit "In A Mirror Darkly" reihte sich im April 2014 ein weiteres Album der Marke "beachtlich" in die Discographie der wohl außergewöhnlichsten Thrash Metal Band Deutschlands ein. Thrash allein ist es natürlich nicht, denn progressiv und extravagant soll er sein, der Metal, den Mekong Delta seit vielen Monden zum Besten geben.
Wir nutzten die Chance, Mekong Delta mit einer Hand voll Fragen auf den Leim gehen zu dürfen. Im Endeffekt sind wir sehr zufrieden, Fragen gestellt zu haben, die schon vor Dekaden formuliert wurden. Ähnlich wie bei einem Hit von 1970, irgendwann kann sich keiner mehr daran erinnern und neue Generationen denken - ohne zu wissen, dass es diesen Hit schon einmal gab - hey, was für ein geiler Song. Warum also nicht Fragen stellen, die schon vor 28 Jahren beantwortet wurden.
metaltalks.de: Das aktuelle Album ist nunmehr seit drei Monaten auf dem Markt. Wie ist es bis jetzt gelaufen und vor allem, was sagt die Fachpresse außerhalb Deutschlands dazu?
Erik: Da ein großes Label (Steamhammer) und ein gut funktionierender Vertrieb (SPV) dahinter hängen, läuft es wirklich gut. Primär macht die sehr umfangreiche Promotion viel Arbeit, aber die Reaktionen darauf sind gut. Die weltweit reinkommenden Rezensionen sind durchweg sehr positiv.
metaltalks.de: Mekong Delta klingen seit jeher anders. Ist es schwer anders zu sein? Wacht ihr in der Nacht auf, weil ihr Angst habt, das zuletzt geschriebene Riff oder die jeweilige Passage innerhalb eines Songs hat es schon einmal gegeben? Erzählt ruhig ein wenig über die Entstehung der Songs.
Erik: Es ist natürlich nicht schwer die Kompositionen so zu erstellen, wie das Mekong Delta / Ralf Hubert schon immer machten. Es ist eine konzentrierte und schwere Arbeitsphase, ja. Aber weil Mekong Delta von Anfang an auf sich aufbaut, sich weiterentwickelt, fokussiert an den konzeptionellen Kompositionen arbeitet und sich auch nie von irgendwelchen Trends hat beeinflussen lassen, sind wir so einzigartig wie sonst sehr wenige Bands im allgemeinen Heavy Metal Einheitsbrei. Und ich glaube auch, wenn Ralf aufgrund eines Riffs nachts wach werden sollte, dann nur, weil ihm eingefallen ist, wie er es besser platzieren kann oder eine weitere Melodieführung dazu gefunden hat. Es gibt sogar grundsätzlich Melodien, die sich wiederholen, da wir ja auch bestimmte Themen behandeln, die auch allgemein und bei unseren Fans immer wieder von Interesse sind.
metaltalks.de: Diese Frage wurde zwar schon fast in der Vorangegangenen beantwortet, hat aber eine wunderbare Reaktion ausgelöst. Here we go: Kommen die Kompositionen aus dem Bauch heraus oder sitzt ihr angestrengt über Noten und grübelt euch die Seele aus dem Leib?
Erik: Das ist schon eine sehr komische Frage ... hahaha... Musiker haben nun mal Ideen und wollen kreativ arbeiten. Da muss man nicht großartig grübeln. Unsere Alben entstehen nach Gehör und daher aus Gefühlen und deren Ausdruck. Mekong Delta ist eine expressionistische Band. Die Ideen sprudeln also eher, da wir ja permanent von den dümmsten Fehltritten und undemokratischsten Dämlichkeiten der Politiker und den oberen Geldsammlern (Managern) inspiriert werden...
Und: Über Noten grübelt man nicht. Die sind nur zum aufschreiben von Musik da. Über Melodien und harmonischen oder rhythmischen Bezügen untereinander kann man grübeln. Aber selbst da hat Schönberg vor langer Zeit schon festgestellt, dass im bestimmten Kontext eigentlich jeder Ton zu jedem passt...
metaltalks.de: Da sind wir beim Thema Noten angelangt. Könnt ihr Noten lesen und zielstrebig durch die Tonarten navigieren?
Erik: Aber natürlich...
metaltalks.de: Wenn man sich eine harmonische C-Dur anschaut und danach Mekong Delta in den CD-Schacht wirft, dann prallen Welten aufeinander. Könnt ihr euch vorstellen, Melodic Metal zu komponieren oder würde euch das schwerfallen, da eure Sounds permanent gegen den Strich gebürstet sind?
Erik: Es ist überhaupt kein Problem irgendwelche drei oder vier Akkorde Songs zu schreiben. Das ist für uns aber ziemlich uninteressant. Wir sind Mekong Delta und Mekong Delta hat andere Ansprüche.
metaltalks.de „Inside The Outside Of The Inside“ ist ein absolut genialer Instrumentalsong! Ein Lob! Wie kommt man ohne Text auf diesen Titel? Habt ihr hier den akustischen Wahnsinn in ein paar Worte gefasst?
Erik: Danke! Der Song gehört natürlich zum Konzept des ganzen Albums. Daher ist der Titel im Bezug zu „In A Mirror Darkly“ entstanden. Das chice Wortspiel passte letztendlich am besten dazu. Wie aber auch schon beim Wanderer Album, gibt es zu den Titeln sogar eine graphische Umsetzung, was das gewollte Konzept noch unterstreichen soll.
metaltalks.de: Wie lange musstet ihr fummeln und üben, bis die endgültige Version des Songs im Kasten war?
Erik: So lange, wie bei den anderen Songs auch. Ralf komponiert zwar mit viel Gehirnschmalz, aber kochen tun wir doch nur mit Wasser... Daher wird alles trainiert und solange die Produktion läuft auch an den Songs „gefummelt“, bis wir musikalisch damit zufrieden sind.
metaltalks.de: Der Anfang von „Mutant Messiah“ erinnert mich erfreulicherweise stark an einige Passagen von Voivods „Dimension Hatröss“ Album. Ist euch das schon einmal gesagt worden?
Erik: Nein. Aber es wird oft ein Bezug zu Ihnen, Watchtower oder gar Sieges Even hergestellt. Wer sich aber eingängig mit dieser Art von Musik beschäftigt und vielleicht auch geistig damit auseinandersetzt, wird schnell feststellen, dass wir – außer dem Instrumentarium – sehr, sehr wenig gemein haben.
metaltalks.de: Ihr seit quasi mit den Kanadiern aufgewachsen. Mögt ihr deren Musik bzw. habt ihr deren Entwicklung verfolgt?
Erik: Voivod hat mir immer sehr gut gefallen. Sie sind halt auch eine Band, die völlig eigenständig gearbeitet hat und die Musiker sich nicht gescheut haben, auch musikalisch mal andere Wege zu gehen. Ich habe das gerne verfolgt.
metaltalks.de: Als Ende der 80er „Nothingface“ von Voivod das Licht der Welt erblickte, habe ich mich mit dem neuen Sound von Voivod sehr schwergetan. Heute liebe ich das Album. Geht es Euch ähnlich? Wie habt ihr damals diese Zeit erlebt?
Erik: Ich habe das Album von Anfang an sehr gemocht. Astronomy Domine gehört heute immer noch zu meinen Lieblingstiteln. Zum einen Pink Floyd zu covern und dann noch diese düstere Atmosphäre zu schaffen, ist schon eine großartige Arbeit.
metaltalks.de: Thema 80er Jahre: Wie seid ihr eigentlich auf den Namen Mekong Delta gekommen? Beschreibt er doch die gigantische Flussmündung des Mekongs, in dem sich später Vietnamesen und US-Amerikaner gegenseitig abgeschlachtet haben. Ist es ein Synonym für das Extrem gewesen oder habt ihr damals den Vietnamkrieg thematisch behandelt?
Ralf: Da mir diese Frage schon so oft gestellt wurde und du gerade die 80er ansprichst, hier meine Originalantwort von 1986 bei einem Interview zum ersten Mekong Album - wobei du zu den Wenigen gehörst, die von den Ereignissen während des damaligen Vietnamkrieges wenigestens grundlegende Kenntnisse zu haben scheinen. Das war damals - genau so wie heute - eher selten bis überhaupt nicht der Fall.
"Alle Welt fragt uns nach unserem Namen, das finde ich schon erschreckend ( nichts für ungut ), aber weiß denn wirklich keiner, was vor ein paar Jahren los war? Es scheint so, daß die meisten Gruppen einfach irgend einen blutigen Namen suchen, der fernab jeder Realität liegt, obwohl diese immer brutaler ist als die Phantasie; bloß um der momentanen Welle der Morbidität gerecht zu werden, viel Blut, viel Grab, viel unverstandener Okkultismus. Wir wollten uns davon separieren, da wir uns diesem Trend nicht zugehörig fühlen. So wählten wir einen Namen, der die gesamte Schizophrenie der Menschen auf einen Punkt bringen sollte, von dem wir aber dachten, daß er noch aktuell genug ist, um von den Leuten verstanden zu werden. Wir wollten erst den Namen "Höhe 13" für die Gruppe ( P.S.: Mekong Delta - Gemetzel im Vietnamkrieg, Höhe 13 - Verdun, erster Gelbkreuzeinsatz ), er erschien uns aber geschichtlich zu weit entfernt, um noch aktuell zu sein."
metaltalks.de: Alle Wetter, dann haben wir jetzt also ein originales Zitat von 1986 eingefangen. Manchmal müssen eben 28 Jahre vergehen, bis auch wir es geschnallt haben, aber bei so vielen Informationen, bleibt auch schonmal etwas auf der Strecke. So denn, hier unsere Lieblingsfrage: Welche Musik hört ihr privat und was läuft derzeitig in euren Playern? Zwar ist auch diese Frage unzählige Male gestellt worden, aber es liegt in ihrer Natur, dass die Antworten von Zeit zu Zeit wechseln.
Erik: Ich mag vieles, was wirklich gut rockt, bin von Herzen Metaller, höre aber auch gerne Anspruchsvolleres (Rush, Yes, Kraan...) auch gerne Klassisches. Martin hat mit Lalu ein tolles Album gemacht (Atomic Ark). Das höre ich zur Zeit sehr gerne. Auf meinem Stick für's Auto läuft das Album „Severance“ von Heart Of A Coward heiß...
metaltalks.de: ...und wir hören Mekong Delta! Vielen Dank fürs Interview und weiterhin viel Erfolg & Spaß am „Anderssein“
Erik: Danke auch.
Quelle & Foto: Oktober Promotion / Interview: Dirk